Weg, aber da
In der Nacht, nachdem du gestorben bist, habe ich mitten in Afrika in den Himmel geschaut. Ich wusste noch nicht, was passiert war, denn in diesem Teil des Landes gibt es kein Handynetz. Da sitze ich also neben einem Feuer und schaue in die Milchstraße. Und plötzlich fällt eine Sternschnuppe, und ich komme nicht dazu, mir einen Wunsch zu überlegen, denn ich denke nur an dich und daran, dass es dir hoffentlich gut geht.
Jetzt bist du also mein Schutzengel. Mein zweiter Schutzengel, der erste ist meine Oma Martha. Ihr kanntet euch gar nicht, aber ich denke, ihr versteht euch ganz gut.
Wir hatten nie viel über den Tod geredet. Nur ganz am Ende (vor vier Wochen, und damals kam es mir natürlich nicht vor wie das Ende - es kam mir vor wie der Anfang) haben wir einmal darüber gesprochen. Ich hatte dir das Buch von deinem Freund Otmar Jenner vorgelesen, ein Buch über Zeugung, Schwangerschaft, Geburt. Otmar glaubt, dass sich die Seele nach dem Tod selbst überlegt, ob und wann sie zurückkommt. „Und, was meinste“, hab ich gefragt, „würdeste noch ‚ne Runde machen?“ - „Logo, klar, ist doch gut hier“, hast du gesagt.
Früher hatte ich mir nie Gedanken über den Namen gemacht, den du in deiner Band hattest: Returner. Der, der wiederkommt. Aha, denke ich jetzt, Returner! Und dann denke ich, ja, komm doch wieder, wirklich, ich scheiß auf meinen Schutzengel. Ich will meinen Mann zurück.
Aber als ich am Montag wieder getanzt habe, das erste Mal, den sonntaz-Geburtstag auf dem Dach feierte, als ich tanzte mit Glitzer im Gesicht unter dem Mond, habe ich dich gehört. „Daumen hoch, Liebeste“, hast du gesagt, „du schaffst das.“ Wie gut, dass du da bist.